Architektur wie sie im Buche steht - Fiktive Bauten und Städte in der Literatur

Laufzeit: 08. Dezember 2006 bis 11. März 2007

Erfundene Architektur ist ein wichtiger Bestandteil der Weltliteratur. Bei jedem, der Beschreibungen von Architektur liest - von der Gralsburg bis zu Kafkas Schloss und von Atlantis bis Shangri-La - entstehen Räume und Bauten im Kopf. Wie stellen sich aber die Schriftsteller die von ihnen erfundene Architektur vor, woher nehmen sie ihre architektonischen Ideen und welche Bedeutung oder Funktion haben fiktive Bauten in der Dichtung? Diese »Architektur wie sie im Buche steht« behandelt erstmals die neue Ausstellung des Architekturmuseums der TU München.

Gezeigt werden die eigenhändigen Skizzen, mit denen Gottfried Keller, Gustave Flaubert, Theodor Fontane, Heinrich Mann, J.R.R. Tolkien, William Faulkner, Friedrich Dürrenmatt, Vladimir Nabokov, Günter Grass oder Umberto Eco ihre Raumerfindungen für sich zu klären versuchen. Eine Abteilung behandelt das Zusammenwirken von Architektur und Text im Comic, eine andere verfolgt die erfundenen Räume von François Rabelais, John Milton, E.T.A. Hoffmann, Adalbert Stifter, Franz Kafka oder Thomas Bernhard. In Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Stadtraum und Stadtentwicklung der TU München entstanden nach den Beschreibungen fiktiver Städte anschauliche Modelle von Campanellas Sonnenstadt, Goethes Pädagogischer Provinz oder George Orwells »1984«. Im Zentrum der Ausstellung wird dargestellt, wie fiktive Bauten Architekten und Künstler zu Zeichnungen, Gemälden und Skulpturen anregten, und wie manchmal sogar aus dem Erfundenen oder Erträumten reale Architektur wurde, beispielsweise die phantastische Città ideale, die sich der Architekt Tomaso Buzzi nach literarischen Motiven in Umbrien errichtete, Wilhelm Hauffs Burg Lichtenstein, die in Württemberg nach dem gleichnamigen Roman gebaut wurde, oder die weiße Stadt aus Emile Zolas »Arbeit«, die Tony Garnier teilweise in Lyon verwirklichte.



Durch Zeichnungen, Modelle und Computersimulationen wird erfundene Architektur aus zwei Jahrtausenden sichtbar gemacht. Die Materialisierung der poetischen Luftschlösser hilft, tiefer in die Welten und Räume der Dichter einzudringen, und sie kann beitragen, sich besser in den Labyrinthen fiktiver Bauten und Städte zu orientieren. Der Schriftsteller Arno Schmidt hat in einem Schreiben an den Rowohlt Verlag 1950 die Bedeutung der genauen Kenntnis der Räume des Dichters treffend beschrieben: »Stets habe ich bisher, in allen stories of fiction, mit neugierigem Bedauern vermißt, daß der Dichter einmal seine räumliche Vision dem Leser vorgelegt hätte. Beim Lesen ist es ja stets so, daß der Leser sich die Szenerie in ein kurioses Eigenland verlegt; sollte es nicht von größtem Wert sein, wenn er auch einmal erführe, wie sich der Poet selbst so die Lokalitäten gedacht hat?!«



Für die Ausstellung wurden fast 400 Exponate aus internationalen Museen, Archiven und Sammlungen zusammengetragen. Gezeigt werden Gemälde, Graphiken, Skizzen, Buchwerke, Skulpturen, Animationen sowie zahlreiche Modelle, die zur Visualisierung literarischer Räume und Städte eigens angefertigt werden. Zu den besonderen Höhepunkten zählen die erstmals gezeigten Skizzen Umberto Ecos für den Roman »Der Name der Rose«, die Originale der belgischen Künstler Schuiten und Peeters für die Comic-Serie »Die geheimnisvollen Städte« oder Karl Friedrich Schinkels Gemälde »Die Stadt am Strom« aus der Alten Nationalgalerie in Berlin, das aus einem künstlerischen Wettstreit des Architekten mit dem Dichter Clemens Brentano entstand.

Kategorien:
Architektur |  Ausstellungen im Bundesland Bayern | Ort:  München |
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