In die Mangel genommen oder die Kunst des kalten Wäscheglättens

Laufzeit: 11. Dezember 2011 bis 25. März 2012

"Wie das Wasser klar und rein, soll der Hausfrau Wäsche sein." Wenn sich Frauen vor 100 Jahren an das Mangeln der Wäsche machten, hatten sie außer einer Menge Arbeit auch Sprüche wie diesen vor Augen. Sie waren eingewebt auf den sogenannten "Rolltüchern". Eine Auswahl besonders schöner Exemplare präsentiert der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ab Sonntag, 11. Dezember, in der neuen Ausstellung "In die Mangel genommen oder die Kunst des kalten Wäscheglättens" in seinem TextilWerk Bocholt. Die Rolltücher stammen aus der Privatsammlung von Gisela Meyer. In 20 Jahren sammelte die Berlinerin weit über 500 Exemplare und bewahrte damit ein Stück deutscher Alltagskultur.

"Für das Kaltmangeln sind Rolltücher ein unentbehrliches Utensil. Mit ihrer Hilfe wurden Rollhölzer mit Wäsche bestückt, um sie anschließend enormem Druck auszusetzten und die Textilien auf diese Weise zu glätten", erklärt Nina Zenker, wissenschaftliche Volontärin am LWL-Industriemuseum. Neben den Tüchern setzt die Schau auch die benötigten Geräte sowie einzelnen Arbeitsschritte anschaulich in Szene. Die ausgestellten Haushaltsmangeln und beeindruckend großen Maschinen aus der Museumssammlung können die Besucher teilweise selbst ausprobieren. Ein kurzer Film veranschaulicht das Verfahren.

Die Tücher aus Leinen oder Baumwolle sind auch schöne Zeugnisse für die Technik der Jaquardweberei, die sich ab dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts durchsetzte. Die vormals nur mit farbigen Randstreifen verzierten Stoffbahnen trugen jetzt aufwändige Motive im Stil der Zeit. Häufig sind idealisierte Waschszenen und moralische Sprüche abgebildet. Nina Zenker: "Parallelen zur heutigen Putz- und Waschmittelwerbung sind unverkennbar und machen das Rolltuch zum beredten Zeugnis des damaligen Frauenbildes."

Kastenmangeln nutzten bereits die Tuchmacher und Färber des Mittelalters zum Glätten ihrer Stoffe. Das Grundprinzip hat sich seither nicht verändert: In einem stabilen Holzgestell läuft ein mit Steinen gefüllter Kasten über zwei Rollhölzern hin und her. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts vereinfachten Handkurbeln und Schwungrad die schwere Arbeit, nach der Einführung der Elektrizität ein Elektromotor.

Kastenmangeln dieser Art konnten sich nur wenige große Haushalte leisten. Ihre Blütezeit hatten die Kastenmangeln, kurz Rollen genannt, Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Überall warben Geschäfte mit Emaille- und Blechschildern um Kundinnen. "Seifengeschäfte und Kolonialwarenhändler vermieteten Rollen stundenweisen. Häufig boten Wohnungsgesellschaften ihren Mietern Waschküchen und Rollen an", weiß die Kulturanthropologin. Es gab aber auch Städte, die ihrer Bevölkerung eine Rolle gegen einen Obolus zur Verfügung stellten.

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