Das Alte Neue. Nomadische Praxis – Great Rift Valley. Fotografien von Winfried Bullinger.

Laufzeit: 07. November 2016 bis 22. Dezember 2016

Die Allgegenwart von Wachstum und Individualität in unserem Zivilisationsbild kann den Blick auf fremde Kulturen bisweilen verstellen - auch in der Architektur.
Das Alte Neue ist eine Ausstellung über die Architektur nomadisierender Völker des Rift Valley Ostafrikas. Winfried Bullinger (*1965) zeigt mit seiner sachlich-konzeptionell angelegten Bildserie Bauwerke der Beja, der Afar, der Turkana, der Nyangatom, der Hadza und anderer Völker. In seinem Focus stehen die abstrakte Qualität der portraitierten Bauwerke.
Auf den Bildern sind keine Bewohner zu sehen. Es ergibt sich aber eine Erzählung über die abwesenden Personen, die ihre Kraft auch aus der überraschenden Vielfalt an gefundenen Gegenständen zieht.
Winfried Bullinger hat die Bilder des aktuellen Projekts mit einer Großformatkamera in einem Zeitraum von zehn Jahren im Sudan, in Äthiopien, in Kenia, in Uganda und in Tansania aufgenommen. Dafür reist er mehrfach im Jahr nach Ostafrika.

Alt Neu – Neu Alt

Aus der Neuheit der Gebäude und der zeitlich zurückgreifenden Formensprache ergibt sich eine Spannung. Die gezeigten Gebäude sind jung und in jüngster Vergangenheit gebaut. Die Baumeisterinnen greifen aber auf eine alte, überlieferte Formensprache zurück, die sie perpetuieren. Die Gebäude sind dennoch nicht rückwärtsgewandt und zitieren nicht lediglich eine Tradition. Zugleich sind Modernisierung und Innovationen zu sehen.
Die Bauwerke sind im Kern aus vor Ort in der Natur gefundenen Materialien geschaffen. Sie spiegeln jeweils die Flora wieder. Verfügbare industrielle Materialien werden aber frei integriert. In entlegenen Regionen hat sich die ursprüngliche Bauweise erhalten, ohne dass industrielle, importierte Materialien mit einbezogen werden. Dies ändert sich, wenn Baustoffe wie Wellblech, Plastik oder Pappe in einer Region verfügbar sind. Es entstehen neue Bauformen in hybrider Bauweise.

Bauen als Genderfrage

In fast allen Gesellschaften errichten Frauen die Gebäude. Architektur und Bauen ist bei den Rift Valley Nomaden eine Genderfrage. Die Baumeisterinnen errichten die Bauwerke, die sie bewohnen, selbst. Die Formensprache und die Bautechnik werden nicht von einer spezialisierten Person exklusiv beherrscht. Das Architekturwissen ist auf die Mitglieder der Gruppe verteilt. Es bildet festen Bestandteil der kulturellen Identität. Das Festhalten an der Bauweise hat Bedeutung für die Funktion und den Zusammenhalt der Gesellschaft.

Prägnanter Distanzhalter

Die Architektur der Nomaden ist prägnant und vielfältig gestaltet. Der wissende Betrachter kann wegen der Häuserform aus großer Entfernung erkennen, zu welcher Gruppe die Bewohner gehören. Die Form der Bauwerke bildet damit auch ein Signal und einen Distanzhalter für Fremde.

Nutzungsdauer und Kommunikation

Die Gebäudeform und -anordnung lässt die Nutzungsdauer und die Kommunikationsweise der Bewohner erkennen. Sie zeigt wie oft die Bewohner umziehen, wie die Familien und Gesellschaften strukturiert sind und ob ihr Wohngebiet konfliktreich ist.
Es gibt mobile Architekturen, die auf- und abgebaut und vollständig umgezogen werden können (Beja, Afar). Es finden sich Gebäude, die nicht umgezogen, aber in hohem Maße temporär sind (Hadza, Bodi). Sie können schnell errichtet werden und verfallen nach Gebrauch. Andere Architekturen der Serie sind darauf ausgelegt, für einen längeren Zeitraum bewohnt und auch renoviert zu werden (Nuer, Nyangatom).
In konfliktreichen Gebieten entstehen Einrichtungen zum Schutz der Bewohner (Turkana, Pokot) und teilweise sogar Wohnburgen (Karamojong).

Ausstellungsort: Architekturgebäude am Ernst-Reuter-Platz, Untergeschoss des Flachbaus

Kategorien:
Architektur | Fotografie | 21. Jahrhundert |  Ausstellungen im Bundesland Berlin | Ort:  Berlin |
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