Willkommen im Abschied. Fotografische Positionen über Fremdheit und Nähe - Ira Thiessen / Julia Runge / Semjon Prosjak

Laufzeit: 03. Februar 2018 bis 30. April 2018

Willkommen im Abschied spielt auf das bekannte Gedicht „Willkommen und Abschied“ an, das Goethe 1781 geschrieben hat. „Es schlug mein Herz. Geschwind zu Pferde!“, einer jagt durch die Nacht zu seiner Geliebten. Willkommen, Küsse und Wonne. Dann der Abschied, „bedrängt, wie trübe!“ Mit „nassem Blick“ zwar, aber entschlossen wird der Kummer in einen Triumph gewendet: „Und doch, welch Glück geliebt zu werden, / Und lieben, Götter, welch ein Glück! “ Das Unglück des Abschieds macht das Glück des Liebens erst klar.

In jedem Abschied steckt auch ein Anfang. Das ist eine Binsenweisheit der Psychologie. Abschied weist aber auch auf die Kehrseite jener Weltpolitik, die mit den Flüchtlingsströmen ganze Kulturen entwurzelt, um Handelssphären zu sichern. Reizwörter wie „Identität“ und „Heimat“ bekamen mit den Auswanderungswellen des 19. Jahrhunderts erst einen Sinn. Sie sind reine Verlustbegriffe, die in der global vernetzten Welt zu fundamentalistischen Kampfparolen aufsteigen mussten. Identitätspolitik ist Machtpolitik.

Die Ausstellung nimmt solche Fragen der Gegenwart auf, fügt den Klischees aber nicht weitere hinzu. „Willkommen im Abschied“ spricht aus, was eine Gesellschaft, die jedes Problem (Wetter, Verdauung, Umleitungsschilder) bereits als Angriff auf das glückliche Ich kommentiert, selten eingesteht: Abschiede sind allgegenwärtig wie Tod und Geburt. Sie offenbaren sich in persönlichen Zeichen (Ira Thiessen: „Privet Germania“), sie schmücken sich mit den Attributen einer Tradition (Julia Runge: „Basterland“) oder sie verglimmen in einer Landschaft, die niemand mehr bewohnt (Semjon Prosjak: „Sednjew“). Drei Bilderserien erzählen von verschiedenen Enden der Welt verschiedene Enden von Welt – und dass sich die Erde trotzdem weiterdreht. Die Fotografien sind den Wirklichkeiten des Konkreten gewidmet, denn nur im Konkreten gibt es auch Schicksal. Am Schicksal der Anderen kann man teilhaben, auch wenn man nichts mehr hat als sich selbst.

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