Lucas van Leyden

Objektnummer: 3558
Verwendung: 17. Jhdt.
Typ: Monogramme

Objektnummer: 3556
Verwendung: 17. Jhdt.
Typ: Monogramme

Objektnummer: 3555
Verwendung: 17. Jhdt.
Typ: Monogramme

Objektnummer: 2837
Nagler: 4-859
Verwendung: 16. Jhdt.
Wo angebracht: recto
Typ: Monogramme
geboren: 1494
gestorben: 1533

Lucas Hugensz van Leyden (* Ende Mai/Anfang Juni 1494 in Leiden; † Ende Mai/Anfang August 1533; auch Lucas von Leyden, in Italien Luca d'Olanda) war ein niederländischer Maler und Kupferstecher der Renaissance.

Text Wurzbach:

Leyden. Lukas van Leyden, auch Lukas Huygensz genannt, berühmter Maler und Kupferstecher. Nach v. Manders Angabe ist er Ende Mai oder Anfang Juni 1494 in Leiden als Sohn des Malers Huygh Jacobsz (I. p. 744) geboren und starb 1533. Schon als 9 jähriger Knabe führte er angeblich Kupferstiche aus; 12 Jahre alt, malte er für Herrn van Lochhorst die Geschichte des hl. Hubertus in Tempera auf Leinwand. Er lernte zuerst bei seinem Vater, dann bei Cornelis Engelbrechtsz (I. p. 492). Mit dessen ältestem Sohne, dem Glasmaler Pieter Cornelisz (I. p. 341), übte er sich im Zeichnen und im Glasätzen. Im Kupferstechen unterwiesen ihn ein Waffenschmied und ein Goldschmied. Er heiratete um 1515 Elisabeth, die Tochter von Jacob van Boschuysen und Adele Herman (Taurel. l'Art Chretien. II. 22). Die Boschuysen waren eine der vornehmsten Familien in Leiden. Im Jahre 1480 waren von den vier Bürgermeistern der Stadt drei aus dieser Familie. Dies befremdet um so mehr, da Elisabeth, die Gattin van Leydens, zuerst Mutter einer unehelichen Tochter Maritgen oder Grietgen und später erst seine Gattin wurde. Sie muß das Kind um 1514 geboren haben; Lukas aber heiratete sie erst um 1515. Es ist kaum anzunehmen, daß sich dies alles so glatt vollzog, wie es hier erzählt wird, und die Boschuysen werden nicht sehr entzückt darüber gewesen sein, daß ihre Tochter, mit den vielen Bürgermeistern in der Verwandtschaft, von einem 19jährigen Malerjungen geschwängert wurde, der vielleicht noch Schwierigkeiten machte, sie auch zu heiraten. Auffallend ist es aber, daß das Motiv des Sündenfalls der ersten Eltern in dem Kupferstichwerk des Lukas mit solcher Vorliebe wiederkehrt, als wenn die vor der Verheiratung erfolgte Geburt einer Tochter dauernd und fortwährend daran erinnert hätte.
In den Schützenlisten der Stadt Leiden ist Lukas in den Jahren 1514, 1515 und 1519 genannt, jedesmal in derselben Abteilung mit Cornelis Engelbrechtsen. Zwischen dem 8. und 25. Juni 1521 war er in Antwerpen, wo er als Lukas de Holandere in den Liggeren verzeichnet ist und wo er Albrecht Dürer kennen lernte. Dürer schreibt über ihn: "Mich hat zu Gast geladen Meister Lukas, der in Kupfer sticht. Ist ein kleines Männchen und gebürtig von Leyden aus Holland, der war zu Antwerpen"; "Ich habe den Meister Lukas van Leyden mit dem Stift porträtriert" und "Ich gab für Lukas' ganzen Kupferstichdruck von meiner Kunst für 8 Gulden". Van Mander erzählt noch von einer anderen Reise nach Antwerpen, die aber auf einem Mißverständnis zu beruhen scheint. Um 1527, als er 33 Jahre alt war, sagt v. Mander, besuchte er Jan Mabuse in Middelburg und ging mit ihm nach Gent, Mecheln und Antwerpen. Von da an, während der letzten 6 Jahre seines Lebens, war er krank und lag viel zu Bette. Er war von Jugend auf schwächlich und litt vielleicht an Lungenschwindsucht; er selbst aber soll behauptet haben, daß er von einem Maler während dieser Keise vergiftet worden sei; so sagt v. Mander. Lukas starb im Jahre 1533 (vor dem Juni 1534). Er hinterließ nur eine Tochter, welche er zur Universalerbin einsetzte. Seine Mutter Beatrix war im Jahre 1531 gestorben, der Vater Hugh Jacobsz überlebte aber seinen Sohn und scheint erst vor dem 16, Okt. 1538 gestorben zu sein. Schon am 10. Juni 1534 klagte der Schwiegersohn die Witwe des Künstlers und fünf Jahre später klagten des Lukas Geschwister den Schwiegersohn auf Herausgabe der Hälfte des Nachlasses oder von 300 Carolusgulden. Seine Tochter Marietgen oder Grietgen hatte einen De Hoey geheiratet und gebar neun Tage vor Lukas' Tode einen Sohn, den Maler Lukas Dammerts od. Damessen (I. p. 376), welcher 1604 im Alter von 71 Jahren in Utrecht starb dessen Bruder Jan de Hoey (I. p. 698) lebte 1604 noch als Maler am französischen Hofe. Van Mander stellt Lukas' Vermögensverhältnisse als sehr günstige hin. Jedes der großen Hauptblätter kostete zu dessen Lebzeiten einen Goldgulden oder 28 Stüber. Die oben erwähnte Reise im Jahre 1527 machte er angeblich auf einem eigenen gedeckten und reich ausgestatteten Schiffe. In Middelburg, Gent, Mecheln und Antwerpen gab er seinen Kunstgenossen ein Festmahl, das je 60 Gulden kostete, und derlei mehr. Wenn man erwägt, daß der ganze Nachlaß des Künstlers ungefähr 600 Carolusgulden betrug, so wird man in die Glaubwürdigkeit dieser Mitteilung, laut welcher bei einem solchen Gelage der 10. Teil seines Nachlasses verzehrt wurde, Zweifel setzen.
Das sind die dürftigen Angaben über die Lebensverhältnisse des Künstlers, dessen Gesamtbild ein nichts weniger als deutliches ist. Van Mander bezeichnet ihn ausdrücklich als ein frühreifes Talent und sagt, daß er bereits im Alter von 9 Jahren Kupferstiche drucken ließ. Wir sind nicht in der Lage, diese Angabe zu kontrollieren. Leiden hatte damals noch kein Gildenstatut, aber die Kupferstiche eines 9-jährigen Jungen sind doch etwas unwahrscheinlich. Der älteste seiner datierten Kupferstiche wäre der Prophet Mohammad und der ermordete Mönch vom Jahre 1508, eine für einen 14jährigen Jungen staunenswerte Leistung, nicht nur in bezug auf die Technik, als noch viel mehr hinsichtlich der Auffassung und der Wahl des Stoffes, der ganz abseits liegt von der Heerstraße, auf welcher sich die künstlerischen Vorstellungen jener Zeit bewegten. Dies wird um so auffälliger, wenn wir die angeblich aus dem Jahre 1509 herrührende runde Passion (N. 57-65) zum Vergleich heranziehen. Die Verschiedenheit der Formenauffassung gegenüber dem Mohammed ist hier auffällig die recht dürftig gestochene Passion zeigt bedenkliche Gebrechen der Zeichnung. Die Bekehrung des Saulus aus demselben Jahre, 1509, (N. 107) ist eine technisch recht mittelmäßige Leistung, und diese Blätter und andere mehr, sollen nach dem Mohammed gestochen sein, nach welchem man eher einen Fortschritt als einen Kückgang erwarten durfte? Mit wenigen Ausnahmen zeigen sämtliche Kupferstiche eine große technische Geschicklichkeit, aber H. Goltzius, die Wierx, Abraham und Nicolas de Bruyn, J. Muller, Saenredam und andere haben Blätter gestochen, welche jenen van Leydens nichts nachgeben und viele derselben weit übertreffen. Die Annahme, daß alle diese Stiche von van Leyden herrühren, ist unhaltbar und bei einer sorgfältigen Überprüfung ist wohl das halbe Werk als spätere Stecherarbeit auszuscheiden. Die Bordüre der runden Passion zeigt die Datierung 1509, aber diese Bordüre ist ganz gewiß später gestochen als die Darstellungen der Passion selbst, in deren Kompositionen uns etwas ganz Fremdes entgegentritt. Sie sind allem Anschein nach, nach älteren Originalen entweder seines Vaters Huygh oder seines Lehrers Engelbrechts oder irgend eines anderen gearbeitet, und es ist sehr fraglich, ob die Stiche von Lukas herrühren. Es ist zu bedauern, daß sich Dürer nicht genauer darüber aussprach, welche Kupferstiche er im Jahre 1521 von L. v. Leyden eingehandelt hatte; wir wüßten dann wenigstens mit Bestimmtheit, welche seiner Blätter vor dem Jahre 1521 und von ihm gestochen waren. Ein ebenso großer Unterschied gegenüber den übrigen Blättern zeigt sich in den Renaissanceformen der Folge der Tugenden (N. 127-133) aus dem Jahre 1530, in dem unbezeichneten großen Sündenfall (N, 10), in Mars und Venus (N. 137) und anderen. Es ist nicht glaublich und auch nicht wahrscheinlich, daß lediglich die Kenntnis der Stiche Mark Antons diese Veränderung in der künstlerischen Anschauung van Leydens herbeigeführt habe, der um dieselbe Zeit, 1531, den Altar in Petersburg malte, in welchem von dieser Renaissanceauffassung wenig zu bemerken ist. Van Leyden müßte zwei verschiedenartige künstlerische Naturen vereint in sich getragen haben, deren eine als Maler die Objekte ganz anders sah als die andere, welche in Kupfer arbeitete, und die letzte müßte überdies Wandlungen durchgemacht haben, die uns nicht recht verständlich erscheinen. Vasari behauptet zwar, daß Lukas in Italien gewesen sei, van Mander aber sagt ausdrücklich, daß er sein Vaterland niemals verließ; wenn dies aber auch der Fall gewesen wäre, eine Reise nach Italien würde diesen Zwiespalt in der hier vorliegenden Komplikation auch nicht erklären. Eine tiefere und eingehende Untersuohung seines Kupferstichwerkes, seiner Gemälde, seiner Zeichnungen und der nach solchen von Zeitgenossen gestochenen Blätter ergibt so merkwürdige Resultate, daß sich unwillkürlich die Annahme aufdrängt, hier seien zum mindesten drei verschiedene Künstler in ein Konglomerat verschmolzen, welches unter dem Namen Lukas van Leyden auf uns kam. Es ist sehr wahrscheinlich, daß H. Hondius, der den Eulenspiegel so täuschend kopierte, oder J. Müller oder irgend ein anderer älterer Stecher das Werk des Lukas v. Leyden nach, dessen Zeichnungen oder auch nach eigenen Nachbildungen sattsam bereicherte, um aus dem berühmten Namen Vorteil zu zieheh. Noch wahrscheinlicher aber ist es, daß die Familie, die in Geldsachen etwas schwierig war, sich die Berühmtheit van Leydens in geschäftlicher Hinsicht so gut als möglich zu nutze machte. Das Kupferstichwerk des Lukas van Leyden wurde von Bartsch so beschrieben, wie es durch die Überlieferung der Kunsthändler nach Jahrhunderten in die Sammlungen der k. k. Hofbibliothek und der Albertina in Wien gelangte aber auch van Mander hatte schon ein durch die Überlieferung getrübtes Urteil. Nicht zu übersehen ist die große Verschiedenheit der Modelle und der Physiognomien. In einzelnen Kupferstichen berührt die auffallend häßliche, klobige Form der Nasen, wie in dem David im Gebete (N. 8), in der Erweckung des Lazarus (N. 42), geradezu unangenehm. Diese Nasenform ist aber auf einmal verschwunden und macht einer Normalnase Platz. Die auffallend großen Köpfe in einzelnen Blättern gegenüber den ebenso auffallend kleinen in anderen sind Unterschiede, welche unmöglich in der Anschauung ein und desselben Künstlers in verhältnismäßig so kurzen Arbeitsepochen zu Tage treten können. Unwillkürlich fragt man: Was ist von diesen 180 oder mehr Blättern von L. v. Leyden und was nicht?, und muß gestehen, daß es unmöglich ist, diese Frage heute noch zu beantworten. Wenn man aber die zweifellos echten und unanfechtbaren Zeichnungen im Brit. Mus., die lesende Jungfrau der Albertina in Wien, das männliche Portrait im Louvre mit diesen Kupferstichen vergleicht, so werden die Zweifel immer größer und man sucht nach den Mitarbeitern, nach, dem Vater Huygh Jacobsz, nach dem gänzlich verschollenen und verkommenen Bruder Dirk Huygensz (I.p. 733), nach dem Freunde Pieter Comelisz (I. p. 341), dem Sohne des Lehrers Engelbrechts, und nach zehn anderen, um in ihren Werken eine Erklärung für diese Anomalien zu finden aber man sucht vergebens, denn von ihren Werken ist nichts auf uns gekommen. Auffallend ist auch das Verhalten des Künstlers gegenüber der nackten weiblichen Figur. In allen Blättern des Sündenfalls (N. 1-6) und der Adam- und Eva-Darstellungen, den Tugenden und anderen steht er dem weiblichen Modell ebenso unbefangen gegenüber wie irgend ein anderer Künstler der Renaissance, und in dem aus dem J. 1533(?) herrührenden Jüngsten Gericht in Leiden schwelgt er mit Entzücken in weiblichen Formen.
In der Susanna im Bade aber (N. 33) stellt er Susanna dar, wie sie im Bache ein dezentes Fußbad nimmt, und es ist doch gewiß, daß es nicht ihre Füße waren, die auf die beiden alten Sünder einen so mächtigen Eindruck machten, und auch der Vater des unehelichen Kindes des Fräuleins 'van Boschuysen dürfte eine andere Vorstellung von einer badenden Susanna gehabt haben.
Mit den Gemälden van Leydens verhält es sich ebenso wie mit den Gemälden aller übrigen niederländischen Meister der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der größte Teil der unter seinem Namen in den Galerien figurierenden Bilder sind Arbeiten unbekannter Maler des 16. und 17. Jahrhunderts oder nur Kopien nach den Stichen van Leydens. Mit Sicherheit können nur die folgenden sechs Bilder als seine Werke angesehen werden: Maria mit zwei Engeln und dem jugendlichen Stifter in Berlin, angeblich 1518; das Selbstportrait in Braunschweig; das Jüngste Gericht in Leiden; Maria und die Verkündigung in München und die Heilung des Blinden von Jericho in Petersburg. Hiemit soll übrigens die Möglichkeit und vielleicht auch Wahrscheinlichkeit nicht geleugnet sein, daß noch andere von ihm herrühren können. Als charakteristische Kennzeichen seiner Bilder sind der lichte silberne Ton und die verschiedenfarbigen Reflexe in den Gewändern hervorzuheben, blaue in weißen, gelbe in roten und umgekehrt. Auch van Mander bemerkte, daß seine Bilder einen besonderen Reiz haben, er könne aber nicht erklären, worin er bestehe. Die Verschiedenheit der Kopfbedeckungen diese Mannigfaltigkeit all dieser Hüte, Mützen, Barette u. dgl. kann es doch nicht gewesen sein, was ihn zu dieser Bemerkung veranlaßt e. Seine künstlerische Bedeutung verdankt er, wie jeder große Meister, der Originalität seiner Ideen, die heute, nachdem sie ein Gemeingut der Nachwelt geworden sind, nur schwer von dem älteren, vor seinem Auftreten bereits vorhandenen künstlerischen Motivenkreis loszulösen sind, und der Verbreitung seiner Kupferstiche, die seinen Namen und seine Werke in aller Welt bekannt machten.


Literatur

Thieme, Ulrich / Becker, Felix / Vollmer, Hans (Hg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart (37 Bände in 19 Teilbänden); Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts (6 Bände).

Nagler, Georg Kaspar ; Andresen, Andreas ; Clauss, Carl: Die Monogrammisten : und diejenigen bekannten und unbekannten Künstler aller Schulen, welche sich zur Bezeichnung ihrer Werke eines figürlichen Zeichens, der Initialen des Namens, der Abbreviatur desselben etc. bedient haben ; mit Berücksichtigung von Buchdruckerzeichen, der Stempel der alten Gold- und Silberschmiede ... , 5 Bände, 1858-1879

Wurzbach, Dr. Alfred von: Niederländisches Künstlerlexikon aufgrund archivalischer Forschungen bearbeitet, Band 2 L-Z, Wien und Leipzig 1910


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