FARBEN-SCHÖPFUNG
Otto Illies (1881-1959), Yokohama, Hamburg, Wernigerode

Laufzeit: 02. Mai 2009 bis 02. August 2009

Otto Illies, Sohn eines Hamburger Überseekaufmanns, verband in seiner Kunst den akademischen Stil des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit dem deutschen Expressionismus des 20. Jahrhunderts. Der Maler studierte 1903 bis 1908 an der Weimarer Kunstschule, ließ sich in Blankenese nieder und siedelte später nach Wernigerode am Harz über. Illies begriff die Natur als Wunder, zeigte sie in ihrer Größe und erweist sich dabei als eminenter Meister der Farbe.

Seit dem 2. Mai ist im Gleimhaus in Halberstadt die bislang umfangreichste und erste kunsthistorisch erarbeitete Retrospektive des Malers und Grafikers Otto Illies (1881-1959) zu sehen. Schon die Biographie des Künstlers ist überaus originell: Als Sohn eines Überseekaufmannes wuchs Otto Illies teils in Japan, teils in Hamburg und teils in Schleswig-Holstein auf dem Lande auf. Seine Lehrer waren die besten und modernsten: Georg Burmester bei Kiel, Ernst Eitner in Hamburg und schließlich Ludwig von Hofmann an der seinerzeit fortschrittlichen Weimarer Kunstschule.
Kurz nach Beendigung des Studiums baute Illies sich eine Villa am Hochufer der Elbe in Blankenese, um bald darauf nach Wernigerode am Nordrand des Harzes überzusiedeln, wo er die restlichen 35 Jahre bis zu seinem Tod lebte. Zu seinen Freunden gehörten etwa seine Weimarer Mitschüler Ivo Hauptmann, der Sohn Gerhart Hauptmanns, und Hans Delbrück aus der Berliner Gelehrtenfamilie sowie auch Ludwig von Hofmann.
Geld hatte im Elternhaus des Malers nie eine Rolle gespielt, es war einfach da.
Illies’ Kunst ist völlig frei von Konzessionen an den Publikumsgeschmack. Schon die Motivwahl lässt dies erkennen: Illies malte Wurzeln, Steinbrüche, selbst aufgegebene Bergwerksstollen, mithin geradezu unmalerische Motive. Eines seiner Hauptmotive war der Sonnenuntergang, den er mit einem schier unvorstellbaren Farbenreichtum gestaltet. Den Winter malte er so oft wie kaum ein zweiter Maler. Blumen sind allgegenwärtig in seiner Bildwelt, allerdings selten solche mit üppigen Blüten, eher das bescheidenste Windröschen. Seine besondere Vorliebe galt Obstgärten und Obstbäumen, ja Bäumen überhaupt.
Den Harz wie auch die schleswig-holsteinische Landschaft, die ihm Heimat bedeutet, gab Illies charakteristisch und oft genug auch topographisch bestimmt wieder, und doch ist er nichts weniger als ein Regionalmaler; ihm ging es um die „ewige Natur“.
Stilistisch war Illies geprägt durch den Impressionismus. In Weimar hatte der Neoimpressionismus eine Pflegestätte; mit seiner Technik der Farbzerlegung, die sich aus optischen Erkenntnissen ergab, war er eine entscheidende künstlerische Erfahrung für den mit einem eminenten Farbensinn begabten Künstler. Auch der Jugendstil ist in seinem Schaffen wirksam geworden. Von der Generation her ist Illies Expressionist, was auch seiner Kunst anzusehen ist, allerdings stets durch sein sanftes Wesen gemäßigt.
Otto Illies ist nur Kennern und wenigen späten Zeitgenossen noch bekannt. Zwar zeigte er seine Bilder auf Ausstellungen, doch deklarierte sie meist als unverkäuflich. Entsprechend rar waren seine Werke in den letzten Jahrzehnten im Kunsthandel. Otto Illies war – ganz im Gegensatz zu seinem Vetter Arthur Illies, der zum Kreis der Jungen Hamburger um den Kunsthallendirektor Alfred Lichtwark gehört hatte – in der Kunstgeschichte nahezu verschollen.
Bislang wurde Illies allenfalls als Landschaftsmaler wahrgenommen. Die Ausstellung im Gleimhaus stellt ihn auch als Porträtist, Interieur-, Stillleben- und Blumenmaler vor, zeigt Arbeiten aus allen Phasen und Gattungen seines Schaffens sowie Dokumente seines Lebens. Aus den Grafikmappen des künstlerischen Nachlasses werden Kostbarkeiten der zu jener Zeit kaum geläufigen Gattung der Blumendarstellung ans Licht gehoben.
Der Katalog zur Ausstellung bietet eine Teiledition der Jugenderinnerungen des Malers, die eine starke schriftstellerische Begabung erkennen lassen. Diese Aufzeichnungen sind einnehmend in ihrem unprätentiösen Ton und dabei von hohem kunst- und kulturgeschichtlichen Quellenwert.
Das Gleimhaus, dem große Teile des schriftlichen und künstlerischen Nachlass anvertraut wurden, zeigt aus Anlass von Illies’ fünfzigstem Todestag dieser Retrospektive. Der eigene Bestand wird um Leihgaben aus Museums- und Privatbesitz aus Mittel- und Norddeutschland ergänzt. Die Ausstellung wird begleitet von einem museumspädagogischen Programm, von Lesungen und Zeitzeugengesprächen.

Katalog: FARBEN-SCHÖPFUNG. Otto Illies (1881-1959), Yokohama – Hamburg – Wernigerode. Katalog zur Ausstellung im Gleimhaus, hg. v. Reimar F. Lacher, Halle 2009, 20 €

Kategorien:
Kunstgeschichte |  Ausstellungen im Bundesland Sachsen-Anhalt | Ort:  Halberstadt |
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