Zum 100. Geburtstag: Rudolf Kriesch und die Frauen des Simplicissimus
Laufzeit: 11. Januar 2004 bis 07. März 2004
Sie haben gefährliche Rundungen, lächeln verführerisch und sind die Träume aller Männer. Sie können aber auch ziemlich derb, abgebrüht und ungehobelt sein: So sah der Simplicissi-mus-Zeichner Rudolf Kriesch die Frauen und hielt sie auf Tausenden von Blättern fest. Da-bei machte er sich jedoch meist nicht über seine stets klugen und schlauen Frauen lustig, son-dern eher über die Ehemänner, Liebhaber und Casanovas, die als Spießer oder armselige Möchtegerns entblößt werden.
Zu seinem 100. Geburtstag widmet das Olaf Gulbransson Museum für Graphik & Karikatur in Tegernsee dem Künstler Rudolf Kriesch (1904-1992) nun eine große Ausstellung. Gezeigt werden vom 11. Januar bis zum 7. März aber nicht nur die Frauen des Simplicissmus so der Titel der Ausstellung , sondern auch eine Auswahl seiner Pastelle und Ölbilder, auf de-nen er Motive von seinen Reisen nach Italien, Spanien, Nordafrika und in die Türkei festhielt. Insgesamt werden rund 80 Originalgraphiken und Farbbilder alle aus Familienbesitz prä-sentiert.
Der im österreichischen St. Pölten geborene Kriesch sollte Hotelier werden wie sein Vater. Der talentierte Bub interessierte sich aber eher für die Kunst und begann als junger Mann in Wien eine Ausbildung an den Wiener Werkstätten und später ein Studium an der Graphi-schen Lehr- und Versuchsanstalt. Dort verliebte er sich bald unsterblich in eine Kommilito-nin. Jedoch gab es einen Nebenbuhler, dem es auf einem Ausflug bei einer Rast am Fluss ge-lang, das hübsche Mädchen mit seinem schmalzigen Geigenspiel zu betören. Aber als ihr Herz gerade dahinschmolz, glitt der Nebenbuhler auf einem feuchten Stein aus und setzte sich mit einem äußerst ungraziösen Plumps ins Wasser: Bei diesem Anblick beschloss Kriesch, Karikaturist zu werden.
Zunächst führte ihn sein Weg jedoch auf mehrjährige Studienreisen nach Madrid und Paris. Dort gewann auch das weibliche Element in seinen Zeichnungen die Oberhand schon des-halb, weil man dauernd dieses Thema von ihm verlangte. So hatte er bei seinem ersten Auf-trag in Paris einen entgleisenden Schnellzug darzustellen, an dem man jedoch bemängelte, dass darauf keine Frauen zu sehen waren. Die sitzen im Zug drin, erklärte er, drei Damen sogar im tiefsten Negligé im Schlafwagen! Da hatte der Redakteur eine Idee, und Kriesch musste die drei zeichnen, als einzige, auf wunderbare Weise Gerettete, unmittelbar nach der Katastrophe.
Ende der 20er Jahre wurde einer der führenden Köpfe des Simplicissimus, Thomas Theodor Heine, auf ihn aufmerksam: So kam er nach München und zeichnete nun vor allem für die legendäre Satirezeitschrift Simplicissimus und die ebenso berühmte Jugend. Seine Frau-entypen, vom niedlichen kleinen Luder bis zur Dame der Gesellschaft, von Mannequins, Tän-zerinnen bis hin zu Huren und Matronen waren die künstlerlisch-erotische Note im sonst eher politischen Simplicissimus. Dies wird auch an seinen zahlreichen Buchillustrationen, z.B. für Oskar-Maria Grafs Bayerisches Dekameron ersichtlich.
Kriesch zeichnete auch nach dem Krieg für den in den 50er Jahren wiedergegründeten Simplicissimus. Gerade diese Bilder vermitteln heute einen guten Eindruck von Spießertum und geheuchelter Doppelmoral in den Nachkriegsjahren. Kriesch erhielt zahlreiche Preise und seine Werke wurden u.a. 1992 im Olaf-Gulbransson-Museum zusammen mit Franziska Bi-lek häufig ausgestellt. Heute sind seine Bilder ständig in der Galerie Ossenpohl in Bonn/Bad Godesberg und Berlin zu sehen.
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