Zlín – Modellstadt der Moderne

Laufzeit: 19. November 2009 bis 21. Februar 2010

Anderer Ausstellungsort:
Pinakothek der Moderne

Der Aufstieg der kleinen, im Osten Tschechiens gelegenen, Stadt Zlín zur Zentrale des größten europäischen Schuhherstellers Bat’a ist ein einmaliges wirtschaftliches und soziales, aber auch architektonisches Phänomen. Zlín ist eine »Modellstadt der Moderne«, denn dort wurden viele architektonische und soziale Ideale verwirklicht, die Politiker, Unternehmer und Architekten nach dem Ersten Weltkrieg als zukunftsweisend propagierten. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts war deshalb die Stadt, die Le Corbusier als »ein leuchtendes Phänomen« bezeichnete, fast eine Art Pilgerstätte für Fortschrittsgläubige aller Couleur.

Um die Jahrhundertwende zählte der kleine Ort, in dem TomᚠBat’a mit seinen Geschwistern 1894 eine Schuhfabrik gegründet hatte, 3000 Einwohner und wuchs dann bis 1938 auf 43000 an. Begeistert von den Ideen und Fabrikationsmethoden des erfolgreichsten Autoherstellers der Zeit, Henry Ford, und des Gründers der Betriebswissenschaft, Frederick W. Taylor, bauten die Unternehmer Tomᚠund Jan Antonín Bat’a Zlín systematisch wie ein riesiges Labor für gemeinschaftliches Leben und Arbeiten aus und etablierten ein System, bei dem die ganze Stadt und alle ihre Bewohner im Dienste einer einzigen Sache, der Steigerung der Schuhproduktion, standen. Diesem Ziel dienten nicht nur Arbeitsteilung, Fließbänder und Zeitmessung, sondern auch firmeneigene soziale Einrichtungen von Kindergärten über Schulen und Hospital bis zum Warenhaus, Sportverein und Großkino.

Auch die Architektur sollte dazu beitragen, neue und besser arbeitende Menschen zu formen. Die Stadt ist in Zonen gegliedert und geordnet nach Arbeit, Wohnen, Freizeit und Verkehr – eine Funktionstrennung, die den Leitbegriffen des später in der »Charta von Athen« propagierten modernen Städtebaus entsprach. Maßgeblich prägend wirkten die Architekten František L.Gahura und Vladimír Karfík, die nahezu alle öffentlichen Bauten über einem Raster von 6, 15 x 6, 15 Meter errichteten und damit ein einheitliches Maß vorgaben, das buchstäblich der Vereinheitlichung von Arbeit und Leben diente. Ausgehend von Zlín ließ Bat’a Fabriken und Städte in anderen Ländern und Kontinenten nachdem Muster der tschechischen Zentrale als kleinere Ausgaben der Stadt errichten. Die moderne Architektur diente dabei auch dazu, eine firmenspezifische Identität und Modernität zu vermitteln.

Die Ausstellung, die Teile der Prager Schau »Phänomen Bat’a« (Nationalgalerie, Frühjahr 2009)adaptiert, wurde für München neu erarbeitet. Anhand von Modellen, Plänen, Objekten, Fotografien und Filmen, werden die architektonische Entwicklung, die Verflechtung von kulturellem und sozialem Leben in Zlín sowie die weltweite Verbreitung der Ideen Bat’a s vorgestellt und kritisch reflektiert. Ein eigener, nur für München zusammengestellter Bereich, widmet sich ausführlich und umfassend den selbst in Fachkreisen kaum bekannten Planungen Le Corbusiers für Bat’a (Stadterweiterung von Zlín, Typenentwürfe für die französischen Bat’a -Schuhläden, die französische Bat’a –Satellitenstadt Hellocourt und der Bat’a -Pavillon für die Weltausstellung in Paris 1937), die anhand der teils noch nie gezeigten Originalzeichnungen aus der Fondation Le Corbusier präsentiert werden. Der Weltausstellungs-Pavillon – bislang nur durch Pläne bekannt – ist über ein großes Modell in der Ausstellung erstmals auch räumlich erlebbar.

Kategorien:
Architektur |  Ausstellungen im Bundesland Bayern | Ort:  München |
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