Kunsthalle Münster
48155 Münster
Hafenweg 28

Solid Liquids - Internationale Tendenzen der Skulptur in der Gegenwartskunst

Laufzeit: 11. Juni 2016 bis 25. September 2016

Fest, aber auch flüssig – diese Polarität ist der gemeinsame ästhetische Nenner, der alle Kunstwerke der Ausstellung, so unterschiedlich sie auf den ersten Blick auch scheinen mögen, miteinander verbindet. Als feste Entitäten scheinen sie um einen physischen Kern oder Mittelpunkt zu kreisen oder zu rotieren. Sie präsentieren sich als freistehende Objekte, die bewusst das Augenmerk auf das kompositorische Detail richten und manchmal sogar auf Podesten ruhen oder Vitrinen füllen. Gleichzeitig machen sie einen instabilen Eindruck, wie Flüssigkeiten, die ihre Gestalt und Form und sogar ihre Substanz fortwährend verändern. Sie scheinen außerdem in der Lage zu sein, von den unendlichen Ressourcen der zeitgenössischen Existenz Bilder, Materialien und sogar Alltagsgegenstände abzuschöpfen, um immer komplexere Informationsschichten aufzubauen, eine kontinuierliche Mutation zu etwas Neuem.

Oder sie wirken gerade im Gegenteil wie Dinge, die gedehnt werden oder wegschmelzen und dabei ihre materielle Substanz verlieren. Die Kunstwerke thematisieren dadurch die flüchtige Qualität der entmaterialisierten Skulptur. Zur gleichen Zeit lassen sie eine neue Begeisterung für die sinnlichen Aspekte der Materialität erkennen, für ihre Form, ihre Textur, ihre Ausdrucksmöglichkeiten und die Fähigkeit, disparate Dinge zumindest eine Zeitlang zusammenzuhalten. Die in der Ausstellung vertretenen Künstler zeigen auch ein Interesse an dem Prozess der Herstellung eines Objekts, das eine Weile halten soll. Als Solid Liquids beschreiben die Skulpturen einen höchst ambivalenten Zustand, wie ihn Massimiliano Gioni vorgeschlagen hat: “Die Skulpturen von heute scheinen schon durch ihr physisches Erscheinungsbild ein nahezu schizophrenes Gespaltensein zum Ausdruck zu bringen zwischen dem Wunsch, sich in der Welt aufzulösen und dem Bedürfnis, sich stärker abzugrenzen. In ihrer Unentschlossenheit könnten die Skulpturen der Gegenwart dem paranoiden Zustand ähneln, in dem wir leben: Wir sind geteilter Meinung, ob wir mit einem neuen Krieg neue Territorien erobern oder uns stattdessen lieber zurückziehen und unser eigenes Gebiet verteidigen sollen.” (In: Unmonumental – The Object in the 21st Century)

In vielerlei Hinsicht haben die Skulpturen Qualitäten, die Robert Rauschenbergs Combine Paintings und ihrem Sammeln von Materialien und Gegenständen ähneln oder denen von Minimal Objects mit ihrer schroffen Materialität und ihrem phänomenologisch ausgerichteten künstlerischen Interesse. Es gibt allerdings wichtige grundsätzliche Unterschiede zwischen der Art, wie diese Vorgänger aus den Sechzigern ihre Werke erlebt wissen wollten und den Künstlern, deren Arbeiten in der Ausstellung zu sehen sind. Die ältere Generation erteilte jedem Streben, dem persönlichen Empfinden Ausdruck zu verleihen, eine Absage. Die Visualisierung einer auf Emotionen basierten Subjektivität erwies sich faktisch als Tabu. Sogar noch wichtiger ist, dass sie jeden Versuch vermieden, eine symbolische oder narrative Bedeutung zu definieren. Stattdessen wurde dem Betrachter die Rolle eines Handelnden zugewiesen, der in einem Prozess durch seine eigene Interaktion mit dem Werk Bedeutung erzeugt. Die Skulptur verlor auf diesem Weg ihre physische Präsenz und entwickelte sich in die Richtung eines “expanded field”. Sie wurde mehr und mehr zu einem Erlebnis, in dem das Werk des Künstlers mit seiner Umwelt verschmilzt – die Dynamik des Alltagslebens wurde zum integralen Bestandteil der Bedeutung der Kunst.

Mit David Altmejd (US), Johanna K. Becker (D), Steven Claydon (GB), Björn Dahlem (D), Koenraad Dedobbeleer (B), Laurent Fiévet (F), Hedwig Houben (NL/B), Valérie Mannaerts (B), Matthew Monahan (USA), Tobias Rehberger (D)

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