Kaiser Heinrich II.

Laufzeit: 09. Juli 2002 bis 20. Oktober 2002

Anderer Ausstellungsort:
Bamberg, Domplatz, Alte Hofhaltung, Staatsbibliothek Bamberg und Diözesanmuseum Bamberg

Decus Europae - Zierde Europas oder apokalyptische Schlange, Heililger oder machtbewusster Realpolitiker? Die Zeitgenossen waren sich nicht einig in ihrem Urteil über Heinrich II. (1002-1024). Das widerspruchsvolle Bild dieses Herrschers wird in der Bayerischen Landesausstellung 2002 in Bamberg, das seine Gründung dem Herrscher verdankt, nachgezeichnet. Glanzstücke mittelalterlicher Goldschmiede- und Buchkunst, Inszenierungen, lebendige Archäologie erwarten den Besucher. Auf dem Domberg wird in der Zeit der Ausstellung ein mittelalterliches Gehöft nachgebaut. Das Leben der einfachen Leute - "in Bodennähe" - wird hier anschaulich, ebenso der zielstrebige Weg zur Macht, den Heinrich II. zusammen mit seiner luxemburgischen Frau Kunigunde in 22 Herrscherjahren ging. Die Landesausstellung präsentiert eine Figur der bayerischen Geschichte, deren Aufstieg ohnegleichen scheint: Herzog - König - Kaiser - Heiliger - am historischen Ort, in seiner "einzig geliebten Stadt Bamberg.

Ein Herrscher am Ende der Zeiten, ein Herrscher in der Mitte des Mittelalters, Herzog, König, Kaiser, Heiliger – welch ein Aufstieg! Trotzdem ist Heinrich II. viel weniger im Bewusstsein als Karl der Große, Otto der Große oder Friedrich Barbarossa. Schon seine Wertschätzung durch Zeitgenossen und Nachwelt trägt zwiespältige Züge: Großzügiger Stifter herrlicher Kunstwerke und rücksichtsloser „Räuber“ wertvoller Handschriften für seine Stiftung Bamberg. Ein strenger Herr, unerbittlich und unnachgiebig auf der einen Seite, Friedensstifter und Diplomat auf der anderen Seite. Ein Inszenator seiner von Gott gegebenen Herrscherwürde, der gekonnt auf der Klaviatur der Macht und Selbstdarstellung spielt. Ein König, der sich als Kollege seiner Bischöfe sieht und darum wie selbstverständlich in ihre Belange eingreift. Ein Herrscher, dem – nach den Vorstellungen seiner Zeit – Wichtiges versagt blieb: die Sicherung der Nachfolge durch einen Sohn. Ein Heiliger, dessen gute Werke der Legende nach gerade einmal ausreichten, um sein Seelenheil zu retten. Ein Kaiser schließlich, der höchstes Lob auf sich zog: Als „Zierde Europas“ wird er auf dem kostbaren Sternenmantel bezeichnet, den ihm der apulische Fürst Ismael schenkte.
Die Bayerische Landesausstellung 2002 will all diesen Überlieferungen nachspüren, die durch die Rhetorik des Herrscherlobs und die Kraft der Legenden geprägt sind. Sie ist am richtigen historischen Ort zu sehen, in Bamberg, von Heinrich II. zu einem bevorzugten Aufenthaltsort gemacht. Das verleiht ihr Authentizität. Solche Authentizität ist auch in dem Versuch zu sehen, eine mittelalterliche Herrscherfigur heute aus unterschiedlichen Blickwinkeln lebendig werden zu lassen, aus der Geschichte, der Kunst, der Wissenschaft, der Frömmigkeit, der Liturgie und dem Leben. Diese Ausstellung strebt im Rückblick eines Jahrtausends bewusst mehrere Blickwinkel an.
Die Ausstellung bringt einzigartige Leihgaben von europäischem Rang zusammen. Bewusst wird aber eine bloße Schatzkammer singulärer Glanzstücke vermieden. Vielmehr steht die Einbindung der präsentierten Zimelien – Prachthandschriften, Goldschmiedekunst, einzigartige Textilien – in ihre Entstehungszusammenhänge und ursprüngliche Funktion im Vordergrund. Der berühmte Sternenmantel Heinrichs II. begegnet nicht nur als Objekt kunsthistorischer Begierde, sondern auch als Zeichen mittelalterlicher Herrschaftspraxis. Dasselbe gilt für die Handschriften, die hier an ihren geschichtlichen Ort zurückkehren. Sie treten nicht nur als Spitzenwerke der mittelalterlichen Buchkunst hervor, sondern bezeugen vor allem den Stifterwillen Heinrichs II. Er wollte Gedächtnis schaffen, Kirchen stärken, Bildung befördern und vor allem sein eigenes Seelenheil sichern.
Solches Mäzenatentum versammelte vor einem Jahrtausend liturgische Prachtcodices und kostbare Kirchengeräte in Bamberg. Solche Stiftungen erfolgten aus der Sorge um die Memoria des Kaiserpaars, um die Erinnerung. Das Gebetsgedenken der Begünstigten bot nämlich nach damaliger Anschauung Schutz am Ende der Zeiten. In der Stiftung wie in der Verehrung treten Selbstverständnis und Hoffnung eines mittelalterlichen Herrschers hervor, der sich auf seine göttliche Bestimmung berief. Die Ausstellung zeigt auch die wichtigsten Etappen seiner 22-jährigen Regierungszeit. Heinrich II. war ständig in seinem Reich unterwegs. Dieses „Reisekönigtum“ mit seinen kaum vorstellbaren Strapazen stellt die Politikerreisen heutiger Tage weit in den Schatten. Dabei war gerade das ständige Unterwegssein die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Herrschaft: Durch seine Anwesenheit schuf der König Frieden, Ruhe, Recht und Ordnung.
Die Ausstellung will den vielen Exponaten, die heute oft nur mehr als Kunstwerk aufgefasst werden, im Abstand eines Jahrtausends wenigstens einen Teil ihrer historischen Aussagekraft zurückgeben. Sie setzt zudem auf historische und archäologische Rekonstruktionen.

Katalog: Kaiser Heinrich II., hg. von Josef Kirmeier, Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter, Evamaria Brockhoff, Augsburg 2002, 440 S., 237 Abb., Buchhandelsausg Theiss-Verlag Stuttgart, ISBN 3 8062 1712 2

Kategorien:
Geschichte |  Ausstellungen im Bundesland Bayern | Ort:  Augsburg |
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