Ludwig Forum für Internationale Kunst
52070 Aachen
Jülicher Straße 97-109

Wildnis im Kunstlabor

Laufzeit: 10. Oktober 2004 bis 14. November 2004

Der Eingangsbereich der Ausstellung zeigt die Arbeit "Das geheime Wissen um die Kugelgestalt" von Peter Mönnig. Mit seinen Objekt-Inszenierungen, die um die Begriffe Ordnung und Unordnung kreisen, thematisiert er die Realitätskonstrukte unseres wissenschafts- und technikgläubigen Zeitalters. In der Sprache der Chaostheorie zeigt er dem Besucher die Unzulänglichkeit dieser Konstrukte und legt den grundlegenden Konflikt zwischen menschlicher Suche nach Ordnung und der nicht fassbaren Komplexität des Systems dar.

Die raumgreifende Skulptur "INTERIEUR EXTERIEUR" von Walter Kütz im ersten Saal erinnert wohl nicht nur Biologen an einen Laboraufbau. Mit moosbewachsenen Quadern, durch Licht und geometrische Anordnung kristallin wirkend, gestützt durch alltägliches Mobiliar, lässt der Künstler uns in die Landschaft einziehen und das prekäre Gleichgewicht zwischen unserer möblierten Welt und der wilden, freien Natur spüren. Auch im zweiten kleineren Werk "Allibert" wird das Badezimmeraccessoire zum Möbel der Natur. In einem eingelassenen Glaskasten leben Wasserschnecken und ziehen den Betrachter durch ihre weichen, zart tastenden Bewegungen in eine natürliche Privatheit, die des mehrfach verschachtelten Schutzes bedarf: des Schneckenhauses, des Glaskasten, des Allibertschränkchens.

Die Tätigkeit von Mario Reis gleicht der eines Naturforschers, zu dessen Aufgaben schon immer die Akte des Benennens und des Klassifizierens gehörten. Bei seinem Langzeitprojekt "Natur-Aquarelle" handelt es sich gewissermaßen um Selbstporträts, die er den Flüssen verschiedenster Regionen in der Form von Sedimentbildern entnimmt. In der Aneinanderreihung offenbart jedes Flussbildnis mit seiner spezifischen Farbigkeit und Struktur eine Ästhetik von charakteristischer Eigenart und wird zeitgenössisches Dokument der Natur.

Brigitte Burgmer präsentiert im zweiten Raum 14 ihrer graphischen Blätter. Faktisches und Fiktives vermischen sich zu einem ebenso faszinierenden wie beunruhigenden Szenario. In einem verwirrend schönen Mikrokosmos aus verschiedensten Zellstrukturen, Mineralien und Mikroorganismen, denen sonderbare chimärenhafte Gebilde entwachsen, finden sich eingestreute Nachrichten. Die datierte Zeitungsmeldungen, Zitate aus Buchveröffentlichungen oder Rundfunk klären über bedenkliche Anwendungen gentechnologischer Forschungsergebnisse auf.

Die heiter-tiefgründigen Gemälde Laure Chenards in Raum 3 tasten die Reichweite der Eingriffe in die Lebensräume tierischer und pflanzlicher Organismen im Rahmen des zivilisatorischen Fortschritts ab. Indem sie die Natur mit menschlichen Gesichtern versieht, bietet sie den Betrachtern einen Standortwechsel an. Die spielerisch veränderte Perspektive fügt der abstrakt intellektuellen Frage nach dem Ausmaß der Naturbeeinträchtigung die Ebene des emotionalen Nachvollzugs hinzu. Wobei im Vollzug des Rollentausches die Idee aufkeimt, dass der Täter am Ende womöglich selbst zum Opfer wird.

Wolfgang Nestler widmet sich dem Thema der Naturdokumentation, auch im weiteren Sinne. Seine Landschaftsphotographien sind eine Hommage an den "Kaspischen Wald" als einen der letzten Zeugen jenes üppigen Laubwaldbestandes im heutigen Iran, der weite Teile der Nordhalbkugel und damit auch unseren Siedlungsraum einst bedeckte. Die Verbindung mit Architekturaufnahmen aus derselben Region läßt spüren, wie tief menschliche Kultur in der Naturerfahrung wurzelt. Gleichzeitig lässt sie die Zivilisation auch als ein filigranes, temporäres Projekt erscheinen angesichts der urwüchsigen Vitalität der Natur, die es zu bewahren gilt.

Kategorien:
Kunst | Zeitgenössische Kunst |  Ausstellungen im Bundesland Nordrhein-Westfalen | Ort:  Aachen |
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