DONAUBLICKE
Ungarische Kunst aus Szentendre

Laufzeit: 10. Oktober 2015 bis 28. März 2016

In einer kleinen Stadt an der Donau gründeten acht junge Ungarn 1926 die Künstlerkolonie Nagybánya. So ließe sich der Anfang einer Geschichte schreiben, in deren Verlauf das Städtchen Szentendre – die ungarische „Stadt der Künste“ nicht weit von Budapest entfernt – zur Keimzelle der modernen Kunst in Ungarn wurde.
Unübersehbar ist der Einfluss zeitgenössischer europäischer Stilrichtungen, vor allem der italienischen und französischen Malerei.

Die Ausstellung präsentiert erstmals in Deutschland einen Querschnitt dieser Malerschule bis in die 1960er Jahre. Zu sehen sind Werke von Künstlern wie Béla Ónódi, Ernő Jeges, Mária Modok und József Bartl, teils aus der ungarischen Privatsammlung János S. Nagy, teils aus der Sammlung des DZM. Mit Kamilla Szij, Ottó Vincze und Lajos Csontó beziehen drei aktuelle Künstler aus Szentendre Position zu den früheren Arbeiten und verwandeln mit ihren Installationen die Ausstellung in ein Gesamtkunstwerk.

ZITAT vom Kunsthistoriker Lajos Németh:
"Ohne Szentendre gäbe es keine moderne ungarische Malerei."
So bringt der renommierte ungarische Kunsthistoriker Lajos Németh die Bedeutung der nördlich von Budapest gelegenen Kleinstadt auf den Punkt.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bilden sich - vor allem in Deutschland - neue Künstlergruppen. Sie suchen ein freies, naturnahes, "unverdorbenes" Leben auf dem Lande und eine Arbeitsweise, die den unmittelbaren Zugang zu Natur, Landschaft und Licht ermöglicht.

Auch unter ungarischen Malern, von denen viele in München ausgebildet worden sind, reift die Idee, die Sommermonate gemeinsam auf dem Land zu verbringen. Hier wollen sie sich der Freilichtmalerei widmen und Studenten unterrichten. Um die Jahrhundertwende entstehen so in Ungarn mehrere Künstlerkolonien. Die berühmteste ist die Künstlerkolonie und Schule von Nagybánya (heute Baia Mara, Rumänien). Nach dem ersten Weltkrieg fällt Nagybánya an Rumänien, die Kolonie löst sich allmählich auf. Junge Künstler und Studenten suchen eine andere Bleibe innerhalb der neuen Grenzen von Ungarn.

1926 entdeckten acht ungarische junge Maler Szentendre, eine idyllische Kleinstadt am Ufer der Donau, nicht weit von Budapest. Das Städtchen bietet Künstlern eine Zuflucht, einen Ersatz für das "verlorene Paradies", aber auch Perspektiven, sich zu entfalten und ihre eigene Richtung zu finden. Sie gründen die "Gesellschaft der Maler in Szentendre", deren Blütezeit bis zum Zweiten Weltkrieg dauert.

Szendendre (dt. Sankt Andrä, serb. Sentandreja) erfreut sich einer malerischen Lage: Von Hügeln umgeben liegt es an einem Seitenarm der Donau gegenüber der Szentendre-Insel. Das Stadtbild zeigt zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch archaische Züge. Auch das Zusammenleben mit ethnischen Minderheiten (Deutsche, Serben, Slowaken) macht den Alltag bunt.

Szentendre ist auch heute eine Künstlerstadt. Seit Ende der 1960er Jahre gibt es die Neue Künstlerkolonie, seit 1972 die Vajda-Lajos-Gesellschaft. Ab den 1970er Jahren gilt Szentendre als Hochburg der modernen ungarischen Kunst. Es spielt eine bedeutende Rolle bei der Übernahme der Avantgarde, der dadaistischen und surrealistischen Stilrichtungen sowie der Pop-Art in Ungarn.

ZITAT von Péter Esterházy, 2011:
"Was bleibt? Wie es im Buch heißt: das Ganze, die Form. Die Donau als kulturelles Brückensymbol, das funktioniert einmal, das andere Mal nicht. Doch als Form ist sie immer relevant."

Die gezeigten Werke aus der Zeit der ersten Künstlerkolonie entstammen der Kunstsammlung von János S. Nagy, einem leidenschaftlichen Lokalpatrioten. Sie zeigen liebliche Hügel, enge Gässchen mit leuchtenden Mauern, Landschaften die sich im Wasser der Donau spiegeln. Doch die Donaubilder aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weisen auch in Richtung Europa: Man entdeckt den Einfluss zeitgenössischer europäischer, vor allem italienischer und französischer Stilrichtungen.

Die Ausstellung bleibt jedoch nicht in der Vergangenheit stehen, denn auch heute ist Szentendre ein Zentrum künstlerischen Schaffens in Ungarn.

Aktuelle Strömungen vermitteln die zerbrechlichen und doch monumentalen Zeichnungen von Kamilla Szij, die Rauminstallationen von Ottó Vincze und die Videoarbeiten von Lajos Csontó.

Ihre Installationen, von Regina Hellwig-Schmid kuratiert, beziehen Position zu Zeit und Raum, zu Ulm und Szentendre, zum Fließen und Ruhen des Stroms. In ihnen verweben sich Gestern und Heute zu einem weit gespannten Netz und es entsteht ein Gesamtkunstwerk.

Kategorien:
Kulturgeschichte |  Ausstellungen im Bundesland Baden-Württemberg | Ort:  Ulm |
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