Lexikon

Handwörterbuch der Textilkunde aller Zeiten und Völker für Studierende, Fabrikanten, Kaufleute, Sammler und Zeichner der Gewebe, Stickereien, Spitzen, Teppiche und dergl., sowie für Schule und Haus, bearbeitet von Max Heiden, Stuttgart 1904

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Eintrag: Atlas
Atlas (franz.: ras; engl. :rash;; ital.: raso; span. raso), Gewebe, welches durch seine wenig gebundenen Kettfäden (s. Atlasbindung) eine glänzende Oberfläche darstellt, die künstlerisch, am ehesten in der Seide zur Geltung kommt. Letzteres berechtigt zu der Annahme und findet Bestätigung in erhaltenen älteren Schriften, dass der Atlas seinen Ursprung in der Heimat der Seide (China oder Indien) hat, woselbst er im frühen Altertum in mechanischer Nachahmung der Plattstichstickerei auf dem Webstuhl entstanden sein wird. Persische Seidenstoffe des 6. bis 8. Jahrh. beweisen, dass der Atlasgrund in den mit grossen Tierfiguren und Jagdszenen gemusterten Geweben bevorzugt ist. Die Aufnahme des Atlasstoffes in Europa fällt mit der Einführung der Seidenkultur zusammen. Im Altertum scheint mit dem Atlas der Name Blattin gleichbedeutend gewesen zu sein; auch Pfellel, dessen Wolfram von Eschenbach erwähnt, der so heiss an Glanz war, "dass ein Strauss seine Eier darin hätte ausbrüten können," wird für gleichbedeutend mit A. gehalten. Ursprünglich war der A. in den weitverzweigten Absatzländern des Orients nur als dibadsch bekannt: die arabisierte Form des persischen dibah von dip = glänzen. Im christlichen Europa ist dieser Name von den Venetianern nur für ihre reichen Goldstoffe angenommen worden. Der französische Name für den A. (Satin) scheint zuerst im 16. Jahrh. vorgekommen zu sein.