Staatsgalerie Stuttgart
70173 Stuttgart
Konrad-Adenauer-Straße 30-32

VIDEOBOX »MUSEUM MATTERS« Marcel odenbach »Im Schiffbruch nicht schwimmen können«

Laufzeit: 07. März 2017 bis 01. Mai 2017

Ist das Museum ein kollektiver Speicher von Wissen oder Plattform für Experimente? White Cube oder Werkstatt? Architekturikone oder interaktiver Ort der Kommunikation?

Lange schon gibt es verschiedene Vorstellungen, Theorien und Utopien über das Museum. Immer wieder hat sich diese Institution in ihrer Geschichte geändert. Nicht zuletzt Künstler setzen sich stetig mit diesem öffentlichen Ort von Bildern und Bilderfahrungen auseinander, der zwischen Gegensätzen wie Geschichte und Zukunft, Konjunktur und Krise pendelt. Einerseits waren Museen traditionell Ausbildungsinstrumente und mitunter Ateliers für sie. Andererseits haben Künstler in ihrer Kunst wie in ihren Manifesten Museen beharrlich attackiert, ihre scheinbare Neutralität und Objektivität kritisch thematisiert und ihre Gesten des Zeigens etwa aus feministischer, antirassistischer und antikolonialer Perspektive hinterfragt.

Die Reihe wird fortgesetzt mit Marcel Odenbach, »Im Schiffbruch nicht schwimmen können« (2011)

Ein Speicher von Geschichte und Ort der Erinnerung ist der Louvre in Paris, in den Odenbachs Video »Im Schiffbruch nicht schwimmen konnen« führt: Drei afrikanische Manner unterschiedlichen Alters besuchen darin das weltberühmte Museum. Vor einem monumentalen Gemälde nehmen sie Platz und betrachten es schweigend. Während die Kamera das Bild stets nur in Ausschnitten und im Wechsel mit den Männern fokussiert, ist es leicht identifizierbar als Theodore Gericaults »Floß der Medusa« (1819). Es erzählt von einer menschlichen Katastrophe auf hoher See, als die französische Fregatte »Medusa« vor der Küste Mauretaniens im Juli 1816 auf Grund lief. Gerade hatte Frankreich seine Kolonie Senegal zurückerhalten. Weil die Beiboote nicht für alle reichten, baute die Besatzung aus den Masten ein Rettungsfloß fur 149 Menschen. Doch kappte man das Verbindungsseil. 13 Tage trieben die Schiffbrüchigen daraufhin hilflos auf dem Meer, wurden Menschen ins Wasser gerissen, massakrierten sich gegenseitig. Nur 15 Personen überlebten. In Frankreich entfachte die Nachricht einen Skandal und Gericaults schonungsloses Bild schockierte sein Publikum nachhaltig.

Odenbachs Sequenzen im Louvre – begleitet von einem Balafon-Soundtrack des Musikers Ricky Ojijo – unterbrechen Aufnahmen von Meeresbrandungen vor der Küste Ghanas mit eingeblendeten Texten. Diese basieren auf Interviews, die Odenbach mit den drei Afrikanern zu ihrer Flucht über das Meer, ihrem Leben und ihren Gefühlen von Fremdsein geführt hat. Indes weist »Im Schiffbruch nicht schwimmen konnen« schon im Titel unmissverstandlich darauf hin, dass auch in der gegenwärtigen Flüchtlingskrise viele eine solche Überfahrt über das Mittelmeer nicht überleben.

Wie in vielen seiner Arbeiten zieht Odenbach auch in diesem Video Verbindungslinien zwischen Geschichte und Gegenwart, Europa und Afrika und zeigt – indem er die politische Brisanz von Gericaults »Floß der Medusa« aktualisiert – einmal mehr, dass sich menschliche Katastrophen und Folgen von Kolonialpolitik damals wie heute nicht verdrängen lassen.

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