Herbarium. Wilhelm Weimar. Die Sammlung Fotografie im Kontext

Laufzeit: 03. Februar 2015 bis 19. April 2015

Wilhelm Weimars fotografisches Herbarium entsteht um die Jahrhundertwende und vereint den geschärften Blick der botanischen Wissenschaft mit jenem für ästhetische Komposition. Vor neutralem Hintergrund lichtet der Fotograf Blüten, Blätter und Zweige ab, stets bemüht um eine ansprechende Bildgestaltung und eine wahrheitsgetreue Übertragung der Formen und Farbwerte der Natur. Seine Aufnahmen entstehen in Rahmen kunstgewerblicher Gestaltungslehre, die zu dieser Zeit auf der Suche nach neuen Schmuckformen auf die Strukturen und den Aufbau der Natur zurückgreift. Weimar (1857-1917) rückt jedoch die starre, tektonische Form der Pflanzen in den Hintergrund und vermittelt einen Eindruck von ihrer organischem Lebendigkeit und Dynamik. Seine Arbeiten vereinen botanisches Interesse, die Tradition des kunstgewerblichen Vorlagenwerks und das erwachende Interesse am autonomen fotografischen Bild, das über den Status des Hilfsmediums hinausgeht.

Die Ausstellung gibt mit rund 40 Arbeiten Einblick in einen bisher gänzlich unbekannten und bedeutenden Bestand aus dem Werk Wilhelm Weimars und setzt ihn in Bezug zu Pflanzenfotografien von Constant Alexandre Famin (1827-1888), der Gebrüder Alinari (aktiv 1854 - 1890) sowie einer Vorlagenmappe für Kunstgewerbe des Verlegers Martin Gerlach (1846-1918), die ebenfalls gezeigt werden.



Die mehr als 250 Pflanzenbilder, die sich heute in der Sammlung Fotografie und Neue Medien des MKG befinden, fertigt Weimar zwischen 1890 und 1906. In seinem Bestreben, ein getreues Abbild von der Natur zu schaffen, nutzt er ein mechanisches Bildverfahren und verzichtet auf retuschierende Eingriffe als „verschönernde Zwischenhand“. Besondere Faszination bergen die hauchfeinen Blätter, die Weimar aufwendig bei durchscheinendem Tageslicht aufnimmt, um ihren inneren Aufbau zu beleuchten. Diese Fotografien werden für das morphologische Studium, die Struktur- und Formlehre der Biologie, sehr geschätzt und 1913 sogar von der Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte prämiert. Den Hauptteil seiner Arbeiten bilden Porträts einzelner Blumen vor neutralem Hintergrund. Struppige Distelblüten und knorriges Astwerk sind weitere Motive seines Werkes. Die abgebildeten Pflanzen heben sich in Anlehnung an die japanische Formfindung wie dunkle Tusche vom weißen Hintergrund ab und lassen den grafischen Einfluss in der Fotografie des gelernten Graveurs erkennen.



Durch seine Aufnahmen macht Weimar es möglich, die empfindlichen Pflanzenoriginale durch Abbildungen zu ersetzen und diese zu einem fotografischen Herbarium zusammenzustellen, das für die kunstgewerbliche Lehre von großem Nutzen ist. Der konventionellen Formen des historistischen Ornaments in Architektur und Kunsthandwerk überdrüssig suchen Kunstgewerbemuseen und Gewerbeschulen Ende des 19. Jahrhunderts nach Vorbildern für eine neue, aus der direkten Naturbeobachtung gewonnene Gestaltung. In diesem Zusammenhang steht auch das 1893 herausgegebene umfangreiche Vorlagenwerk „Festons und decorative Gruppen“ des Verlegers Martin Gerlach, welches in der Ausstellung zu sehen ist. Ebenfalls reiht Weimar sich in die Tradition der Künstlervorlagen, der sogenannten „Etudes après nature“ ein, wie die Gegenüberstellung mit frühen Pflanzenfotografien Famins und der Alinaris zeigt. 1901 veröffentlicht er seinen Bildband „Blumen-Aufnahmen nach der Natur photographiert“.

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